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Konsequent und mit Struktur: So gelingt die Kindererziehung

Kindererziehung

Eine gute Erziehung ist enorm wichtig für die kindliche Entwicklung. Sie vermittelt dem Kind nach und nach die Normen und Werte der Gesellschaft und hilft ihm dabei, sich in seiner Umwelt angemessen zu verhalten. Gleichzeitig schafft eine gute Erziehung einen Rahmen für die individuelle Entwicklung des Kindes und ist immer altersgerecht angepasst. Das alles zu erfüllen, stellt Eltern vor eine große Aufgabe, die nicht immer einfach zu bewältigen ist. Die folgenden Tipps helfen dabei.

Kind- und altersgerechte Erziehung

Es ist nicht möglich, ein Kind nicht zu erziehen. Seine Erlebnisse im Umgang mit Eltern, Geschwistern, anderen Familienmitgliedern, Erziehern, Lehrern und anderen Weggefährten prägen und formen es. Aus Kindern sollen einmal selbstbewusste junge Erwachsene werden, die sich als selbstwirksam erkennen und ihr Leben erfolgreich und selbstbestimmt meistern. Sie sollen sich in die Gesellschaft einfügen und zu mündigen, kritischen Bürgern werden. Bis die Kleinen auf eigenen Füßen stehen, liegt ein weiter Weg vor der Familie. Wie können Eltern das Kind für die Herausforderungen der Zukunft wappnen?

Das Wichtigste: Erziehung sollte immer kindgerecht und altersgerecht ausfallen. Der Grundstein zur Entwicklung von Selbstbewusstsein und Urvertrauen wird in den ersten Lebensmonaten gelegt.

Bindungshormon Oxytocin

Während der Geburt wird im Gehirn der Mutter das Bindungshormon Oxytocin freigesetzt. Gleichzeitig schüttet ihr Körper verstärkt Endorphine aus. In Kombination führt der Hormon-Cocktail zu rauschähnlichen Glücksgefühlen. Diese verstärken sich, wenn die Frau ihr Kind das erste Mal in den Armen hält. In diesen Momenten beginnt das sogenannte Bonding, der Aufbau des emotionalen Bandes zwischen Mutter und Kind.

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Was Eltern ihrem Baby unmittelbar nach der Geburt und in den ersten Lebensmonaten mitgeben, wird sein gesamtes Leben prägen. Die liebevolle, zärtliche Versorgung und die Geborgenheit erzeugen das Urvertrauen: Das Baby erkennt, dass seine Bedürfnisse ernst genommen werden. Mama und Papa sind da, wenn es etwas braucht. Es wird beschützt und geliebt. Daher sollten Eltern ihrem Baby möglichst feinfühlig und empathisch begegnen. Seine Äußerungsmöglichkeiten sind anfangs auf Körpersprache und wenige Lautäußerungen beschränkt. Weinen und Schreien sind unbedingt ernst zu nehmen. Beides zeigt an, dass etwas nicht stimmt.

Sicher gebundene Babys lernen zu vertrauen. Aus ihnen entwickeln sich bindungs- und liebesfähige Erwachsene. Als Säugling spüren sie, dass ihnen in der elterlichen Obhut nichts passieren kann. Dementsprechend erkunden sie ihre Umgebung aus eigenem Antrieb und ohne Scheu. Neues versetzt sie nicht in Angst, sondern weckt ihren Forscherdrang. In diesen ersten Lebensmonaten sind Erziehungsversuche weder möglich noch sinnvoll. Die Bedürfnisse des Babys sollten uneingeschränkt erfüllt werden.

Erste Erziehungsbemühungen

In der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres entdecken Babys das Ich. Sie fangen gezielt an, ein bestimmtes Verhalten einzusetzen, um etwas Bestimmtes zu erreichen. Ab diesem Moment gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen ihren Bedürfnissen und ihren Wünschen. Das heißt, Eltern sollten ebenso gezielt anfangen, Grenzen zu setzen. Nicht bei jedem Weinen muss sofort jemand zur Stelle sein. Auch ein strenges: „Nein!“ kann bereits eingesetzt werden. Dabei sind ein ernster Gesichtsausdruck und ein entsprechender Tonfall nötig. Nur so lernt das Baby, ein Verbot ernst zu nehmen.

Vater hebt Kind hoch

Allerdings begreift es die Tragweite von „ja“ und „nein“ frühestens ab dem ersten Lebensjahr. Soll das Kind mit etwas nicht spielen? Ist es im Begriff, etwas Gefährliches zu tun? Dann hilft nur, deutlich: „Nein!“ sagen und dem Kind diesen Gegenstand wegzunehmen. Erklärungen versteht es noch nicht. Am besten ist es, das Baby einfach abzulenken. Von einer zu häufigen Verwendung ist allerdings abzuraten. Wird das „Nein!“ zur Gewohnheit, verliert es seine Stopp-Wirkung.

Grenzen setzen, Werte vermitteln

Eltern sollten sich bereits vor der Geburt des Kindes mit Erziehungsfragen auseinandersetzen. Welche Werte sind beiden wichtig? Welche Regeln soll ihr gemeinsames Kind lernen? Wichtig ist, dass Mutter und Vater an einem Strang ziehen. Sonst wird das Kind früher oder später beide gegeneinander ausspielen. Je konsequenter Eltern sind, desto besser wird es dem Kind gelingen, sich an die aufgestellten Regeln zu halten. Grenzen geben Sicherheit. Sie schaffen eine Zone, in der sich das Kind frei bewegen und entwickeln kann.

Regeln festlegen und Kindern Orientierung bieten

Der dänische Familientherapeut Jesper Juul plädiert dafür, die in der Familie geltenden Regeln auf ein paar wenige zu begrenzen. Durch das Aufstellen von Regeln ließen sich keine Probleme lösen. Juul bringt die Erziehungsaufgabe der Eltern mit einer Metapher auf den Punkt: „Kinder brauchen Eltern, die als Leuchttürme fungieren.“ Das bedeutet, Eltern müssen signalisieren, wo es langgeht. Statt allgemeine Verbote zu verhängen, sollten sie in einen Dialog mit ihrem Kind treten und Ich-Botschaften senden.

Mit dem Kind schimpfen

Dazu gehört auch, ein klares „Nein“ aussprechen und sich durchsetzen, wenn es nötig ist. Wichtig sei, dass Kinder ihre Eltern als Wesen mit eigenen Bedürfnissen erleben. Sie müssen begreifen, dass andere Menschen Grenzen haben. Diese wichtige Lektion lernen sie allerdings nur, wenn die Eltern eindeutige Botschaften vermitteln: Vater und Mutter müssen klar und deutlich zum Ausdruck bringen, was sie wollen und was nicht.

Ein klassisches Beispiel: Beim Einkaufen im Supermarkt entdeckt das Kind in der Quengelzone an der Kasse die Schokoriegel. Die Eltern wollen allerdings kein Geld für Süßes ausgeben. Hier ist ein entschiedenes: „Nein, ich kaufe dir keine Süßigkeiten“ eine direkte, unmissverständliche Botschaft. Egal, wie das Kind infolgedessen reagiert, bei diesem „Nein“ muss es bleiben. Sonst wird der Sprössling seine Eltern nicht mehr ernstnehmen.

Trotzdem kann es kurzfristig unangenehm werden. Manche Kinder weinen, schreien, brüllen, betteln oder werfen sich auf den Boden. Das und die kritisch-mitleidigen Blick anderer Kunden müssen Eltern aushalten. Nach einer gewissen Zeit wird dieser Konflikt von allein verschwinden. Das Kind lernt, dass keine Süßigkeiten gekauft werden, wenn Mutter oder Vater „Nein“ gesagt haben. Dadurch erleben sie die Eltern als verlässlich und unbestechlich. Das gibt Sicherheit und schafft Vertrauen.

Welche Werte Eltern ihren Kindern vermitteln sollten

Werte gebe Orientierung. Dazu gehören unter anderem Verantwortungsbereitschaft, Mitgefühl, Liebe, Toleranz, Ehrlichkeit, Leistungsbereitschaft, Verlässlichkeit, Hilfsbereitschaft und Höflichkeit. Jede Familie setzt die Akzente anders. Ob die Vermittlung der Werte gelingt, wird maßgeblich durch das Verhalten der Eltern bestimmt. Nur Werte, die sie persönlich vorleben, können sie an ihre Kinder weitergeben. Es reicht nicht, den Kindern Vorhaltungen zu machen. Sie lernen am Modell.

Als gutes Beispiel vorangehen

„Erziehung ist Vorbild und Liebe – sonst nichts.“ Diese Erkenntnis des Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi (1746 – 1827) bringt es auf den Punkt. Der größte Teil der Erziehung passiert nebenbei, ohne, dass Kinder gemaßregelt werden. Ohne, dass Regeln aufgestellt werden. Kinder lernen durch Beobachtung, durch Imitation. Was sie prägt, ist das, was sie im Alltag tagtäglich vorgelebt bekommen.

Kinder sollen sich gesund und vitaminreich ernähren? Am besten gehen Eltern mit gutem Beispiel voran und tauschen beim abendlichen Fernsehen die Chipstüte gegen Gemüsesticks aus.  Wer möchte, dass Kinder andere Menschen höflich und mit Respekt behandeln, sollte ein ebensolches Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen an den Tag legen. Wie verhalten sich Mutter und Vater zueinander? Wie streiten sie? Wie gehen sie Probleme an? All das hat Einfluss auf die Lernerfahrung des Kindes und wird seine spätere Beziehungsgestaltung beeinflussen. Eltern besitzen eine nicht zu unterschätzende Vorbildfunktion.

Zwischen Wünschen und Bedürfnissen unterscheiden

Jeder Mensch hat Wünsche. Das gilt für Kinder genauso wie für Erwachsene. Eltern sollten die Wünsche ihrer Sprösslinge wahrnehmen. Gleichzeitig ist es wichtig zu erkennen, dass Wünsche nicht automatisch mit Bedürfnissen gleichzusetzen sind. Kinder haben Bedürfnisse, zum Beispiel nach Sicherheit, Führung, Fürsorge, Essen, Kleidung oder Autonomie. Es ist Aufgabe der Eltern, diese Bedürfnisse zu erfüllen.

Wünsche zu haben, ist erlaubt. Erfüllt werden müssen sie allerdings nicht unbedingt. Beispielsweise haben Kinder ein Bedürfnis nach Kleidung. Dafür sind die Eltern zuständig. Allerdings muss das nicht mit dem Kauf teurer Markenkleidung einhergehen. Dieser Wunsch kann ausgeschlagen werden, wenn Eltern die Ausgaben dafür nicht übernehmen wollen oder können.

Kinder, Medien und Technik

Technik- und Medienerziehung besteht aus verschiedenen Komponenten. Eine Voraussetzung ist das technische Wissen über den Umgang mit Medien. Weiterhin sollten Kinder lernen,

  • aus dem Medienangebot eine bewusste Auswahl für sich zu treffen,
  • die Inhalte einzuordnen und zu verarbeiten,
  • Medienangebote und Werbung kritisch zu beurteilen,
  • Über Medienbotschaften nachzudenken und ihre Anziehungskraft zu begreifen,
  • Medien kreativ zu nutzen und sich mit anderen über das Gesehene, Gehörte oder Erlebte auszutauschen.

Das kann nur schrittweise geschehen, um Kinder nicht zu überfordern. Dafür sind Grenzen und Regeln, aber auch die elterliche Begleitung hilfreich.

Fernsehen als Massenmedium Nummer Eins

In den 1970er Jahren waren die jüngsten Fernsehzuschauer vier Jahre alt. Heute haben Kinder schon ab einem Lebensalter von vier Monaten Zugang zum Fernsehen. Geschaut wird täglich oder fast täglich. Eine 2016 durchgeführte Umfrage des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest ergab, dass 77 Prozent der befragten Kinder ihre Freizeit vor allem vor dem Fernseher zubringen. Die tägliche Fernsehdauer von Kindern im Alter von drei bis 13 Jahren lag im Jahr 2017 laut AGF/GfK-Fernsehforschung bei durchschnittlich 73 Minuten. Viele haben ein Fernsehgerät im eigenen Zimmer stehen, auf das sie nach Belieben zugreifen können. Das bedeutet: Eltern wissen nicht, wie lange der Fernseher in Wirklichkeit läuft. Die Eltern sollten hier darauf achten, die Mediennutzung in einem gesunden Maß zu halten. Denn uneingeschränkter Fernsehkonsum hat negative Folgen für die kindliche Entwicklung. Der Zeitumfang hängt vor allem vom Alter der Kinder ab.

Kind vorm Fernseher

Neue Medien

Auch Smartphones, Tablets und Computer sind aus dem Alltag von Kindern und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken. In der JIM-Studie (Jugend, Information und Multimedia) 2017 wurde die technische Ausstattung von Kindern und Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren in den Blick genommen. Ergebnis: Beinahe 100 Prozent der Befragten besitzen Smartphone, Computer, Fernsehgerät und Internetzugang. An einem Wochentag sind Jugendliche dieser Alltagsgruppe durchschnittlich 221 Minuten online.

Eine 2017 durchgeführte Erhebung zum Thema Smartphone-Besitz zeigt:

  • Rund 18 Prozent der Acht- bis Neunjährigen besitzen ein eigenes Mobiltelefon.
  • 67 Prozent der Kinder zwischen zehn und elf Jahren sind Handybesitzer.
  • Von den Zwölf- und Dreizehnjährigen sind 88 Prozent mit einem eigenen Gerät ausgestattet.
  • Die Anzahl der Jugendlichen zwischen 14 und 18, die ein Smartphone besitzen, liegt bei durchschnittlich 93 Prozent

Die Kinder-Medien-Studie 2017, bei der die Mediennutzung von mehr als 1 500 deutschsprachigen Kindern zwischen vier und 13 Jahren untersucht wurde, betont ebenfalls die Wichtigkeit digitaler Inhalte für die befragte Zielgruppe. Hier ist die lenkende elterliche Hand gefragt: Für die Nutzung digitaler Medien sollten, genau wie für den Fernsehkonsum, Beschränkungen gelten. Kindersicherungen helfen, ungeeignete Inhalte für die Kleinen zu sperren. Mit Prepaid-Karten im Handy bleiben böse Überraschungen finanzieller Art aus.

Grundlegende Tipps für die Kindererziehung

Strukturen im Alltag schaffen

Unabhängig vom Alter des Kindes geben feste Strukturen Sicherheit. Dazu gehören typische Tagesabläufe mit den üblichen Ritualen, angefangen vom Aufstehen zur festen Zeit über Kindergarten- und Schulbesuch, gemeinsame Aktivitäten und Essen im Familienkreis bis zum Einschlafritual. Was langweilig und nach grauem Einerlei klingt, schenkt Kindern Sicherheit, Geborgenheit und Halt in einer sich immer schneller verändernden Zeit. Sie wissen genau, was sie Zuhause erwartet. Abendessen gibt es um 19 Uhr, Samstagvormittag wird eingekauft, Sonntag Ausflüge gemacht. Fernsehen, Gaming oder Surfen im Internet ist für eine gewisse festgelegte Zeit pro Woche erlaubt. Wenn Kinder wissen: Nach spätestens 90 Minuten geht der Fernseher, die Konsole oder der PC wieder aus, wird darüber nicht diskutiert. Es wird akzeptiert. Konsequenz ist der entscheidende Faktor.

Menschen sind Gewohnheitstiere. Je eher Regeln in Gewohnheiten umgewandelt werden, desto zuverlässiger werden sie befolgt. Beim gemeinsamen Essen sollten Medien außen vor bleiben. Das Zusammensitzen ist wichtig zur Entwicklung der Kommunikationsfähigkeit: Die Familienmitglieder erzählen von ihrem Tag und tauschen sich aus. Ganz nebenbei lassen sich grundlegende Verhaltensregeln üben: Wenn jemand spricht, sollte er in Ruhe ausreden dürfen. Das gilt für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Beim Verteilen des Nachtisches waltet Gerechtigkeit, und beim Tischdecken und Tischabräumen können Groß und Klein mit einbezogen werden. Dadurch fühlen sich selbst die Jüngsten nützlich.

Kinder sollten von klein auf an die Mitarbeit im Haushalt gewöhnt werden. Sie können einfache Aufgaben übernehmen:

  • den Abfalleimer ausleeren
  • den Tisch decken und abräumen
  • beim Kochen mithelfen
  • Spielzeug wegräumen
  • Staub wischen

Ihnen macht es in der Regel Spaß, mit zuzufassen. Das Erledigen von Haushaltstätigkeiten hilft Mädchen und Jungen, selbständiger zu werden. Spätestens, wenn sie ausziehen und einen eigenen Haushalt führen, werden sie das zu schätzen wissen. Das kann bereits im Alter von 15 oder 16 geschehen, wenn sie wegen einer Ausbildung in eine andere Stadt ziehen müssen.

Sicherheit vermitteln

Eltern sollten Kindern ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Das kann in bestimmten Lebenssituationen eine Herausforderung darstellen. Verliert ein Elternteil die Arbeit, verändert das den Alltag der gesamten Familie. Statt wie gewohnt zu einer festen Zeit aus dem Haus zu gehen, sind Vater oder Mutter plötzlich die ganze Zeit zu Hause, vielleicht sogar, wenn das Kind im Kindergarten oder in der Schule ist. Existenzängste können Kinder stark belasten. Eltern sollten das Thema „Arbeitslosigkeit“ behutsam ansprechen und signalisieren, dass das Geld zwar knapper wird, aber immer noch alles Wesentliche bezahlt werden kann. So helfen sie dem Kind dabei, seine Sicherheit zu erhalten.

Kind umarmen

Ebenfalls wichtig ist, Kindern die Sicherheit zu vermitteln, dass sie sich mit Problemen, Sorgen und Nöten an die Eltern wenden können. Das heißt nicht unbedingt, dass sie das tun werden. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Intimsphäre. Aber wenn sie in Schwierigkeiten sind – egal, ob selbstverschuldet oder unverschuldet – sollte das Vertrauen reichen, um sich an die Eltern wenden zu können.

Sich vom Perfektionismus verabschieden

Perfekte Eltern gibt es nicht. Gerade junge Mütter und Väter setzen sich oft viel zu sehr unter Druck. Sie wollen alles „richtig“ machen, ihr Kind fördern und so gesund und naturnah aufziehen wie möglich. In der Realität sind oft Abstriche erforderlich.

Ein Kind zu erziehen, ist in der Theorie immer einfacher als in der Praxis. Vermutlich reißt jedem Elternteil irgendwann der Geduldsfaden. Lautwerden ist laut Jesper Juul unproblematisch. Er favorisiert einen partnerschaftlich-demokratischen Erziehungsstil, bei dem Eltern eigene Bedürfnisse und Grenzen deutlich machen dürfen. Der schwedische Psychiater David Eberhard hält von einer derart liberalen Erziehung überhaupt nichts. Fehlt eine klare autoritäre Linie, besteht seiner Meinung nach die Gefahr, dass die Kinder alles ausdiskutieren und stets ihren Willen durchsetzen wollen. Oft fehlt ihnen eine grundsätzliche Orientierung.

Kindererziehung funktioniert deshalb am besten durch eine Kombination aus Konsequenz, Struktur und Zuwendung: Das „Positive Parenting Program“, kurz Triple P Programm (Deutsch: „positives Erziehungsprogramm“) wurde an der Universität von Queensland in Australien ausgiebig erforscht. Es ist für Eltern verhältnismäßig einfach anzuwenden.

Fünf Grundregeln sind dabei zu beachten:

  1. Für eine sichere und interessante Umgebung sorgen

Die Umgebung sollte für Kinder sicher sein. Das betrifft zunächst die Wohnung, aber auch die übrigen Orte, an denen sich das Kind aufhält. Der Grad der Beaufsichtigung passt sich im Idealfall an das Alter des Kindes an. Ein Kleinkind braucht mehr Aufsicht als ein Schulkind. Bei älteren Kindern und Jugendlichen reicht es, den Aufenthaltsort von Tochter oder Sohn zu kennen und zu wissen, mit wem das Kind wo unterwegs ist.

Außerdem sollte das Umfeld anregend und interessant gestaltet sein, sodass Forscherdrang und die Freude am Lernen geweckt werden. Beispielsweise können Eltern das Kind mit Musik, Kunst, Naturwissenschaften oder Sport in Kontakt bringen. So kann es seine Talente entdecken und seine Fähigkeiten verfeinern. Kinder suchen Herausforderungen. Bewältigen sie eine Aufgabe, stärkt das ihr Selbstbewusstsein.

  1. Eine positive und anregende (Lern-)Atmosphäre schaffen

Kinder spüren, ob sie die volle Aufmerksamkeit bekommen oder ob Eltern ihnen in Wirklichkeit gar nicht zuhören, weil sie mit etwas anderem beschäftigt sind. Wendet sich das Kind mit einer Frage an die Eltern, sollten diese ihre Tätigkeit unterbrechen und sich exklusiv dem Kind zuwenden.

  1. Sich konsequent verhalten

Kinder sollten lernen, die Verantwortung für ihr Verhalten zu tragen. Das übernehmen sie am besten von Eltern, die sich konsequent zeigen. Das heißt, Mutter und Vater verhalten sich in ähnlichen Situationen möglichst gleich. Das macht sie verlässlich. Wenn Eltern Fehler zugeben, sich verantwortlich zeigen und proaktiv nach Lösungen suchen, übernimmt auch das Kind diese Strategien. Auch angedrohte Strafen wie Hausarrest, sollten bei einem Fehlverhalten konsequent umgesetzt werden.

  1. Realistische Erwartungen an das Kind und sich selbst stellen

Häufig zeigen sich Eltern besorgt, wenn ihr Kind sich anders oder langsamer entwickelt als seine Altersgenossen. In den meisten Fällen gibt es keinen Grund zur Beunruhigung. Kinder sind Individuen. Sie entwickeln sich unterschiedlich schnell. Gerade bei sehr kleinen Kindern ist das zu berücksichtigen. Erst wenn sie einen bestimmten Entwicklungsstand erreicht haben, können sie neue Fertigkeiten lernen. Beispielsweise muss ein Kind erst sitzen können, bevor es laufen lernen kann. Denn dazu muss es fähig sein, seinen Oberkörper aufrecht zu halten. Hier hilft Gelassenheit. Gleiches gilt für die Erwartungen, die Eltern an sich selbst stellen. Es ist nicht möglich, alles „perfekt“ zu machen. Der Versuch führt zu Frustration, Enttäuschung und Überforderung.

  1. Die eigenen Bedürfnisse beachten

Spätestens nach der Geburt bildet das Kind in der Regel den Lebensmittelpunkt. Aus dem Paar sind Eltern geworden. Der Wunsch, eine gute Mutter und ein guter Vater zu sein, darf allerdings nicht mit Selbstaufgabe verwechselt werden. Eltern haben das Recht auf ein eigenes Leben. Wenn ihre Bedürfnisse nach Intimität, Partnerschaft und Erholung erfüllt sind, begegnen sie ihren Kindern mit mehr Geduld.

Auf das eigene Bauchgefühl hören

Die pädagogischen Anforderungen unserer Zeit verunsichern besonders junge Mütter und Väter. Kinder sollen zu Selbständigkeit erzogen werden, selbstbewusst, leistungsorientiert und flexibel sein. Um den Nachwuchs für die steigenden Anforderungen unserer Gesellschaft zu wappnen, muss allerdings vor allem eine Grundvoraussetzung erfüllt sein: Kinder brauchen Urvertrauen. Wenn sie spüren, dass sie bedingungslos von den Eltern geliebt werden, Wärme, Schutz und Geborgenheit erfahren, werden aus ihnen selbstbewusste Erwachsene. Dies ist die beste Grundlage für ein glückliches und selbstbestimmtes Leben.

Eltern sollten sich von der Ratgeberliteratur und pädagogischen Debatten nicht verunsichern lassen. Im Zweifelsfall ist neben Konsequenz und Struktur das eigene Bauchgefühl ein guter Indikator für das richtige Verhalten. Patentrezepte für die perfekte Erziehung gibt es ohnehin nicht: Jedes Kind, jede Situation ist einzigartig. Kaum jemand kann sich so in das eigene Kind einfühlen wie die Eltern. Letztendlich brauchen Kinder vor allem Liebe, Aufmerksamkeit und Zeit.

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