Startseite Rechtliches Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und die Realität in 2023

Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und die Realität in 2023

Kinderbetreuung

Viele Eltern wollen nach der Elternzeit zurück ins Berufsleben und ihr Kind für diese Zeit in einer Kita gut betreut wissen. Doch nicht selten kontaktieren die Eltern Kita um Kita, ohne einen Betreuungsplatz zu erhalten. Dabei hat die schwarz-gelbe Koalition im Jahr 2013 den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr verabschiedet. Damals versicherte die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), dass es für nahezu alle Kinder ausreichend Kitaplätze gibt. Statistiken und Umfragen zeigen aktuell ein anderes Bild. Welche Gründe es für den hohen Betreuungsnotstand gibt, welche Unterschiede sich in den Bundesländern zeigen und welche Maßnahmen erforderlich sind, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Die Not mit den Kitaplätzen in Zahlen

Jedes dritte Kind besucht eine Betreuungseinrichtung, doch deckt das den Bedarf? Bei Weitem nicht. 57 Prozent der erwerbstätigen Eltern müssen mit kürzeren Betreuungszeiten oder gar Kitaschließungen zurechtkommen. Die Hans-Böckler-Stiftung hat im Juli 2023 mehr als 5.000 erwerbstätige und arbeitssuchende Eltern befragt, wie sie die momentane Betreuungslage sehen. 67 Prozent gaben an, dass sie die Situation als belastend empfinden, 30 Prozent finden sie sogar sehr belastend. Knapp die Hälfte der Mütter und Väter müssen der Befragung zufolge Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen, um die Betreuungslücken auszugleichen. Etwa 30 Prozent der Eltern sind demnach sogar gezwungen, zeitweise die Arbeitszeit zu reduzieren.

In vielen Fällen springen Partner, Verwandte oder Freunde für die Betreuung ein. Zu 63 Prozent übernimmt die Mutter die Betreuung, in 33 Prozent der Fälle bleiben die Väter zu Hause. Diese Situation ist für die Familien auf Dauer untragbar, doch es ist keine schnelle Lösung in Sicht: Bis zum Jahr 2025 ist mit einem Personalmangel von mehr als 300.000 Fachkräften im Kitabereich zu rechnen.

Die Situation wird in diesem Video zusammengefasst:

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Welche Unterschiede gibt es in den Bundesländern?

Der Personalschlüssel hat sich zwar seit 2017 in fast allen Bundesländern verbessert, jedoch gibt es je nach Bundesland starke Schwankungen in den Zahlen. Während in Baden-Württemberg immerhin 45 Prozent der Kitas einen unzureichenden Personalschlüssel haben, beläuft sich die Zahl in Mecklenburg-Vorpommern auf fast 96 Prozent. Die Statistiken zeigen, dass dieses Gefälle zwischen den ostdeutschen und westdeutschen Bundesländern keine Ausnahme ist. Für Kinder über 3 Jahren liegt der Personalschlüssel bei eins zu 10,7 in Ostdeutschland und eins zu 7,8 in Westdeutschland.

Was sind die Gründe für den hohen Betreuungsnotstand?

Warum ist die Betreuung unserer Kinder so stark in der Schieflage, nachdem wir vonseiten der Regierung die Garantie für eine Betreuung erhalten haben? Wieso gibt es immer weniger Menschen, die in Erziehungsberufen arbeiten? Diese und ähnliche Fragen stellen sich viele Eltern, die einen Betreuungsplatz für ihr Kind suchen.

Laut Bettina Kohlrausch, Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, sind es die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung, die in Erziehungsberufen dringend verbessert werden müssen. Nur so wird es auf Dauer einen besseren Betreuungsschlüssel in Kitas geben. Junge Menschen würden sich bei besserer Bezahlung wieder vermehrt für eine Ausbildung im Erziehungsbereich entscheiden, womit in den nächsten Jahren immer wieder junges Personal nachrücken könnte. Denn auch Erzieherinnen und Erzieher, die ihren Beruf lieben und engagiert arbeiten, kommen mit erhöhtem Stress bei geringer Bezahlung irgendwann an ihre Grenzen.

Gibt es eine Kettenreaktion für andere Berufszweige?

Wenn das Arbeitspensum auf Dauer zu hoch ist und die Bezahlung in Relation dazu zu niedrig, ist es verständlich, dass viele Fachkräfte aus dem Erziehungsberuf aussteigen. Die hohe Zahl an Kündigungen wirkt sich weiter negativ auf den Betreuungsnotstand aus und erzeugt einen immer größer werdenden Teufelskreis. Mütter oder Väter können in ihren Berufen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten, womit sich der Fachkräftemangel auf andere Branchen ausweitet.

Welche Auswirkungen der Mangel an Kitaplätzen auf andere Berufszweige hat, erklärt dieses Video:

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Welche Maßnahmen sind erforderlich?

Das neue Kita-Qualitätsgesetz sieht vor, dass die Regierung in den Jahren 2023 und 2024 jeweils bis zu 2 Milliarden Euro für Betreuungseinrichtungen bereitstellt. Das klingt zunächst nach einer hohen Summe. Doch müsse der Bund laut Anette Stein, Expertin für frühkindliche Bildung der Bertelsmann-Stiftung, eine dauerhafte Finanzierung in größerem Umfang sicherstellen. Nur dann könne sich die Betreuungssituation wirklich entspannen. Stein stützt sich dabei auf eine Vereinbarung der Ampelregierung im Koalitionsvertrag, den Qualitätsausbau in Form kindgerechter Personalschlüssel voranzutreiben.

Selbst, wenn sich das Problem mangelhafter Betreuung nicht sofort lösen lässt, da es sich über Jahre aufgebaut hat, fordert WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch von der Politik schnellstmöglich die ersten Schritte, damit die Situation sich nicht noch weiter verschlechtert und auf lange Sicht verbessert wird. Kohlrausch sieht in einer Ausbildungsoffensive und einer damit verbundenen Optimierung des Personalschlüssels einen ersten Ansatz. Um den Einstieg in einen Erziehungsberuf attraktiver zu machen, sei etwa eine Gehaltsanhebung unabdingbar. Eine Erleichterung des Quereinstiegs sowie eine schnellere Anerkennung von Abschlüssen aus anderen Ländern sind weitere wichtige Initiativen, die von verschiedenen politischen Seiten gefordert werden. Weiter sollte mehr für die Anerkennung und die Karrieremöglichkeiten in Erziehungsberufen getan werden.

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