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Sind die Lernrückstände aus der Corona-Pandemie komplett aufgeholt?

Lernrückstände Corona

Die Corona-Pandemie hat den Schulalltag der Kinder ganz schön durcheinandergewirbelt. Für viele Kleinen war der fehlende Präsenzunterricht eine große Herausforderung, die nicht alle Kinder gut bewältigt haben. So gab es große Lernrückstände unter den Schülern. Doch wie ist die aktuelle Lage? Sind die Rückstände komplett aufgeholt und hat sich die Lage entspannt? Wir blicken nachfolgend darauf, wie es um die aktuelle Situation bestellt ist.

Welche Maßnahmen der Bundesregierung gibt es?

Die Bundesregierung hat das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ für Kinder und Jugendliche ins Leben gerufen, das für die Jahre 2021 und 2022 angelegt war. Dafür wurden insgesamt 2 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt. Dieser Betrag wurde jeweils zur Hälfte aufgeteilt, eine Hälfte sollte in den Abbau von Lernrückständen fließen, die andere in die Förderung frühkindlicher Bildung. Informationen dazu gibt es in diesem Video:

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Im Zuge des Aktionsprogrammes sollten die bundeseigenen Programme deutlich ausgeweitet und Kinder aus Familien mit geringerem Einkommen unterstützt werden. Die Bundesregierung sah aber auch die Länder in der Pflicht, die Lernrückstände mit eigenen Maßnahmen zu beseitigen.
Schwerpunktmäßig sollten in den Sommerferien Lernwerkstätten und Sommercamps angeboten werden. Ebenso sind in den Kernfächern unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen gleich zu Beginn des neuen Schuljahrs zu veranlassen.

Wie ist die Meinung der Kinder zu den Lernrückständen?

Die Deutsche Telekom Stiftung hat das Allensbach Institut mit der Befragung von rund 1.000 Schülerinnen und Schüler zum Thema Lernrückstand beauftragt. Die Aufholangebote bestanden laut den Kindern und Jugendlichen aus Vorbereitungsangeboten für Prüfungen, Arbeitsgruppen, Zusatzaufgaben zum häuslichen Selbstlernen und Förderunterricht. Der Umfrage zufolge machten die meisten Schulen Unterstützungsangebote, damit der versäumte Schulstoff nachgeholt werden konnte. Allerdings wussten 11 Prozent der Kinder und Jugendlichen nichts von den Angeboten.

Im Herbst 2022 waren 12 Prozent der Schülerinnen und Schüler der Meinung, dass sie deutlich im Lernrückstand sind. Im Jahr 2021 waren es noch 27 Prozent. Die Mehrheit, nämlich 47 Prozent gaben an, dass der Rückstand zwar gering, aber noch vorhanden ist (Vorjahr 52 Prozent). Sorgen machten sich wegen der Lernrückstände nur noch 17 Prozent (Vorjahr 38 Prozent). Somit scheinen die Rückstände teilweise aufgeholt.

Das Ziel wurde verfehlt

Dennoch konnte das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ einer Studie der Forscherinnen und Forscher des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) zufolge die gewünschten Anforderungen nicht erfüllen. Bei der Studie wurden alle 16 Bundesländer überprüft, wie sie die erhaltenen Hilfen entwickelt und umgesetzt haben. Die meisten Länder verteilten die Mittel gleich viel an Gymnasien und private Einrichtungen wie an sozial belastete Schulen. Die wenigsten Bundesländer haben die Mittel aufgrund der Lernrückstände und der sozialen Situation verteilt. Außerschulische Angebote wie freiwillige Ferienprogramme oder private Nachhilfestunden kamen nicht im besonderen Maße den förderbedürftigen Schülerinnen und Schüler zugute.

Auch eine besondere Unterstützung, besonders bei den Übergangsklassen von der Grundschule auf weiterführende Schulen, fand nur vereinzelt statt. Besonders in den Fächern Mathematik und Deutsch sind noch deutliche Lücken vorhanden. Allerdings lobten die Studienautoren einige Bundesländer. Hamburg befasst sich schon seit langem mit der Aufholung von Lernrückständen und konnte deshalb auf bestehende Strukturen zurückgreifen. Hessen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen berücksichtigten soziale Indizes und Brandenburg verteilte die Mittel gemäß den Lernrückständen.

Dennoch sieht Studienleiter Marcel Helbig auch einen Nutzen des Programms. Die Kooperation und die Kommunikation zwischen den Ländern haben sich demnach dadurch verbessert. Es wurden neue pädagogische Angebote geschaffen, die als wichtige Impulse für eine längerfristige Schulentwicklung gesehen werden. Ebenso wurden lokale Kooperationen vertieft oder aufgebaut.

Kritik übte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mit Blick auf die Umsetzung des Programms. GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze erklärt, dass nach der Analyse der Aufholmaßnahmen ersichtlich ist, dass die Fördermittel oft nicht dort ankommen, wo sie besonders nötig sind. Das betrifft Schulen mit armen Kindern und Jugendlichen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden.

Ein großes Problem: chronischer Lehrermangel

Das größte Problem der Schulen konnte bis heute noch nicht gelöst werden – der Lehrermangel. Laut den Ministerien gibt es in deutschen Schulen circa 12.341 unbesetzte Stellen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, ist sogar der Meinung, dass zwischen 32.000 und 40.000 Lehrer fehlen. Die verbleidenden Lehrkräfte sind total überlastet.

Dass die Maßnahmen nicht zielführend umgesetzt werden konnten, lag wohl oft am fehlenden Personal. Viele Schulen hatten keine Zeit, um zusätzliche Maßnahmen in die Wege zu leiten. Auch die Beschaffung von externem Personal erwies sich als schwierig. Einige Gründe für den Lehrermangel zeigt dieses Video:

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Noch keine große Änderung in der Digitalisierung

Durch den Distanzunterricht in der Corona-Pandemie gibt es an Deutschlands Schulen deutlich mehr Computer und digitale Medien als vorher. Der Untersuchung des Instituts Allensbach im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung zufolge erklärte ein Drittel der Schüler, dass es keinen Unterschied zum Unterricht im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie gibt. Das bedeutet, dass digitale Medien in den Schulen nicht vermehrt zum Einsatz kommen.

Der Vorsitzende der Stiftung, Thomas de Maizière, erklärte, dass das zu wenig sei. An Empfehlungen und Materialien, wie sich die Digitalisierung im Unterricht umsetzen lasse, mangele es nicht. Allerdings will die Mehrheit der Schüler demnach wieder den Präsenzunterricht, in dem eine Lehrkraft den Schulstoff vermittelt und nicht nur digitales Lernen vorherrscht, wie es in der Pandemie oft der Fall war. Positiv äußerten sich die Schüler auch zu einem festen Stundenplan.

Die Lernlücken waren nicht überall gleich

Eine verlässliche Analyse, wie groß die Lernlücken sind, lässt sich demnach nicht so einfach ermitteln. Die Unterschiede waren in den einzelnen Schulsystemen zu finden. Während in den Gymnasien die Schüler weniger Lernrückstände aufzuweisen hatten, waren Sie in den anderen Schulen wie den Grundschulen oder Realschulen der Untersuchung zufolge oft gravierender.

Doch es soll nicht nur an den Schulsystemen gelegen haben, vielmehr waren den Angaben zufolge viele unterschiedliche Faktoren für die Lernrückstände verantwortlich. Kinder, deren Eltern keinen Computer oder Internetanschluss haben, hatten es deutlich schwerer, die schulischen Aufgaben zu erledigen. Viele Eltern konnten ihren Kindern bei den Hausaufgaben nicht helfen, besonders Eltern, die kein Deutsch sprechen.

Es gab Schulen, die besonders oft geschlossen wurden, da es in dieser Stadt oder Gemeinde besonders hohe Virus-Inzidenzen gab. Lehrkräfte, die sich selbst mit dem digitalen Unterricht nicht gut auskannten, gaben den Kindern wenig oder gar kein Feedback. Sie waren auch nicht gut zu erreichen und konnten den Distanzunterricht nicht gut strukturieren.

Lernrückstände sind immer noch präsent

Laut den neuen Ergebnissen des IQB-Bildungstrends hakt es in den Fächern Deutsch und Mathematik noch deutlich. Bei Kindern in der vierten Klasse hat sich die Kompetenz in diesen Fächern dramatisch verschlechtert. Die Schüler verfehlten die Mindeststandards im Schnitt 18 bis 30 Prozent. In fast allen Bundesländern haben die Leistungen der Schüler nachgelassen. Zudem ist die Schere zwischen den sozialen Schichten weiter aufgegangen.

Es darf nicht zu lange dauern, bis die Kinder die Lernrückstände aufholen. Sie müssen da abgeholt werden, wo sie gerade stehen. Ansonsten fallen die Schüler jedes Jahr ein wenig zurück. Das hat zur Folge, dass sie das Niveau, mit dem sie unterrichtet werden, nicht mehr bewältigen können.

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