Startseite Ratgeber Tote Kinder in mehreren europäischen Ländern wegen Streptokokken – droht auch Deutschland die nächste Seuche?

Tote Kinder in mehreren europäischen Ländern wegen Streptokokken – droht auch Deutschland die nächste Seuche?

Streptokokken

Im Dezember 2022 warnte die WHO vor einem vermehrten Anstieg durch schwere Erkrankungen, die durch invasive Gruppe-A-Streptokokken-Infektionen ausgelöst wurden. Fünf europäische Länder waren davon betroffen: Großbritannien, Frankreich, Schweden, Irland und die Niederlande. Während dieser Welle sind in diesen Ländern 21 Kinder im Alter bis zu 15 Jahren gestorben. Droht uns in Deutschland ebenfalls eine neue Seuche? Wir klären euch über alle Hintergründe auf.

Was sind A-Streptokokken?

Mittlerweile sind mehr als 120 Arten von Streptokokken bekannt, die in Gruppen unterteilt werden. Die Todesfälle von Kindern in Europa wurden von Streptokokken der Gruppe A verursacht. In der Regel stecken Kinder diese Erkrankung gut weg und entwickeln somit einen gewissen Immunschutz.

Was bedeutet invasiv?

Die WHO hat von einer invasiven Krankheit gesprochen. Was bedeutet das? Normalerweise verursachen Streptokokken Entzündungen wie etwa Scharlach und andere Krankheiten. Gefährlich wird es jedoch, wenn die Bakterien invasiv sind. Dabei gelangen die Bakterien in die Gehirnflüssigkeit oder ins Blut, beispielsweise durch eine kleine Verletzung oder einen Insektenstich. Sobald sich die Keime im Blut vermehren, können sie eine Blutvergiftung auslösen.

Streptokokken können aber auch die Haut und das darunterliegende Gewebe zerstören. Bei fehlender Behandlung tritt der Tod innerhalb weniger Tage ein. Streptokokken sind also keinesfalls harmlos, sondern sie können auch lebensgefährlich sein.

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Bei einer invasiven Infektion können die Bakterien bestimmte Zellgifte absondern. In der Lunge verursachen sie eine Lungenentzündung, im Hirnwasser eine Hirnhautentzündung und im Blut eine Blutvergiftung.

In sehr seltenen Fällen kann eine Streptokokken-A-Infektion zu dem Streptokokken-Toxic-Shock-Syndrom (STSS) führen. Durch die Gifte der Streptokokken werden die T-Zellen unkontrolliert stimuliert. Diese Überreaktion des Immunsystems führt zu einem Schock und zu einem Multiorganversagen. Laut RKI enden 30 Prozent der Fälle tödlich.

Laut Kinderarzt Jakob Maske, dem Sprecher des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte können nach einer Streptokokken-A-Infektion folgende Komplikationen auftreten: Nierenschäden, Herzinnenwandschäden, die Herzklappenfehler verursachen und Bewegungsstörungen mit psychiatrischen Veränderungen. Weitere Details liefert dieses Video:

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Droht uns auch eine Welle mit Streptokokken-Infektionen?

Laut dem Arzt und Medizinjournalisten Dr. Christoph Specht kann das niemand so genau sagen. Auch der Biochemiker Mark van der Linden kann hierzu keine verlässliche Aussage dazu treffen. Für eine Streptokokken-A-Infektion gibt es in Deutschland keine Meldepflicht von Ärzten oder Laboren. Gibt es Ausbrüche in Gemeinschaftseinrichtungen müssen diese allerdings gemeldet werden.

Das Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universitätsklinik Aachen untersucht nur Proben von invasiven Infektionen der Gruppe A-Streptokokken. Schwere Erkrankungen wie sie beispielsweise in Großbritannien vorgekommen sind, würde das Institut aus diesem Grund sofort bemerken. Laut dem Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Streptokokken Mark van der Linden sind die Meldungen von Streptokokken-A-Fällen während der Pandemie zurückgegangen. Die Corona-Maßnahmen haben deutlich dazu beigetragen. Laut einer israelischen Studie wurde die Übertragung von Viren reduziert. Viele Kinder hatten Pneumokokken, wurden aber seltener krank. Nach Beendigung der Maßnahmen verbreiteten sich auch die Viren häufiger.

Im Januar und Februar 2023 registrierte das Robert Koch Institut einen steilen Anstieg von invasiven und nichtinvasiven Streptokokken-A Infektionen. Diese Zahlen stammen aber nur von Arztpraxen und Krankenhäusern, die eine Infektion gemeldet haben. Die Dunkelziffer liegt vermutlich viel höher. Dennoch ist das Robert Koch Institut nicht beunruhigt, denn die aktuellen Zahlen liegen unter dem Niveau der gemeldeten Krankheiten von 2017 bis 2019. Die extrem schwerwiegenden Verläufe, so die Kinder- und Jugendärztin, sind dennoch erstaunlich.

Auslöser für verschiedene Krankheiten

Streptokokken-A Bakterien sind kugelförmig und kommen auf unseren Schleimhäuten und unserer Haut vor. Meist sind sie harmlos, dennoch können Sie unterschiedliche Krankheiten auslösen, unter anderem:

  • Scharlach
  • Rachenentzündung
  • Mittelohrentzündung
  • Mandelentzündung
  • Nebenhöhlenentzündung

Welche Krankheitsbilder gibt es?

Laut Kinderarzt Reinhard Berner verursachen Streptokokken-A-Bakterien vorwiegend bei Kindern eine Halsentzündung. Die Symptome sind jedoch unterschiedlich. Husten und Schnupfen wie bei einer Erkältung gehören jedoch nicht zum Krankheitsbild. Die typische Halsentzündung äußert sich durch Schluckbeschwerden, starke Halsschmerzen und geschwollene Lymphknoten, gelegentlich tritt Fieber auf. Bei einer Erkrankung im Rachen sind die Mandeln vergrößert und rot. Manchmal sind auf den Mandeln gelbliche Eiterflecken zu sehen.

Streptokokken-A-Bakterien lösen auch Scharlach aus. Die Symptome sind ein rötlicher Hautausschlag, Fieber und die typische Himbeerzunge. Die Krankheit beginnt mit Halsschmerzen, Kopfschmerzen, Schluckbeschwerden oder Schüttelfrost. Allerdings bedeuten Streptokokken nicht automatisch Scharlach, wie oft angenommen wird.

Bei starken Symptomen zum Arzt

In der Regel kommt das Immunsystem eurer Kinder gut mit dem Erreger zurecht. Wenn allerdings die Symptome stärker sind, solltet ihr den Arzt aufsuchen. Wenn nötig, wird eurem Kind ein Antibiotikum verschrieben. Ab wann eure Kinder wieder die Schule oder den Kindergarten besuchen können, legt ebenfalls der Arzt fest.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen einer viralen Atemweginfektion und einer bakteriellen Erkrankung?

In der Pandemie schützten sich eure Kinder mit Masken und durch Kontaktbeschränkungen vor einer Virusinfektion. Diese schwächt das Immunsystem eurer Kinder und Bakterien können leichter in die Schleimhäute eindringen. Die Corona-Maßnahmen sorgten also dafür, dass die natürliche Barriere intakt blieb und die vorhandenen Bakterien sich nicht vermehren und ausbreiten konnten.

Welches Wissen gibt es über die Streptokokken?

Seit mehr als 25 Jahren ist das Nationale Referenzzentrum für Streptokokken an der Uniklinik RWTH Aachen den Streptokokken auf der Spur. Hier werden bundesweit Infektionen und Krankheitserreger überwacht. Dr. Mark van der Linden leitet seit 2007 das Referenzzentrum in Aachen. Seit dem Jahre 1995 erteilte das Bundesministerium für Gesundheit mittlerweile 20 Nationale Referenzzentren und 30 Konsiliarlabore einen Auftrag. Sie überwachen die Entwicklung und Ausbreitung wichtiger Krankheitserreger und bündeln bundesweit das Wissen und den Umgang mit bestimmten Infektionskrankheiten.

Obwohl schon einiges bekannt ist über Streptokokken, so meint Dr. van der Linden, dass es noch sehr viel zu Lernen gibt. Der Mensch ist durch die Evolution mit einem hocheffizienten Immunsystem ausgestattet, das in der Regel sehr gut funktioniert. Dennoch entwickelten die Bakterien über Millionen von Jahren ein großes Repertoire an Strategien. Dadurch sind sie dem Abwehrmechanismus des menschlichen Körpers immer einen Schritt voraus. Die Nationalen Referenzzentren sind enorm wichtig, da sie nicht nur die Krankheitserreger überwachen, analysieren und bewerten, sondern auch die Diagnoseverfahren deutlich verbessern.

Es ist also kein Grund in Panik auszubrechen. Allerdings raten alle Experten den Eltern zur erhöhten Vorsicht. Bei Anzeichen einer Streptokokken-A-Infektion solltet ihr einen Arzt aufsuchen. Dennoch gibt es auch Entwarnung von WHO-Experten. Nach bisherigen Erkenntnissen ist die Häufung der Streptokokken-Erkrankungen nicht auf eine neue Variante oder eine Antibiotika-Resistenz zurückzuführen.

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